Ich liebe dich, David
homo.net Info vom 30. März 2023
von Webmaster Jan
Einer Schulleiterin in Florida wurde gekündigt, weil sie im Kunstunterricht den David von Michelangelo zeigte. Seit über 500 Jahren provoziert dieser wohl schönste nackte Mann. Die rechts-konservative Schulpolitik von Floridas Gouverneur Ronald DeSantis (44) macht mal wieder weltweit Schlagzeilen.
DeSantis kandidiert möglicherweise für die nächsten Präsidentschaftswahlen in den USA. Er gilt derzeit als der potenziell gefährlichste Rivale für Donald Trump.
Der Bürgermeister von Florenz meint dazu: „Kunst mit Pornografie zu verwechseln, ist einfach lächerlich.“ Er hat die betroffene Schulklasse aus Florida nach Florenz in die Galleria dell’Accademia eingeladen.
Wer Nacktheit mit Pornografie verwechselt, braucht nicht weniger, sondern mehr Unterricht in Kunst, Kultur und Geschichte.
Der schwule italienische Maler, Bildhauer, Architekt und Dichter Michelangelo Buonarroti (1475 - 1564) gilt als einer der bedeutendsten Künstler. Seine aus einem einzigen Marmorblock gehauene David Statue ist die wohl bekannteste Skulptur der Kunstgeschichte.
Frühere Künstler stellen David gewöhnlich als Sieger dar, mit dem abgeschlagenen Kopf des Goliath. Michelangelo dagegen zeigt den jugendlichen Helden unmittelbar vor dem Kampf, selbstbewusst, konzentriert, siegessicher - und nackt, wie Gott ihn erschaffen hat.
Von den Zeitgenossen wurde David als Kämpfer gegen die Jahrhunderte lang herrschenden Medici gesehen. Schon auf dem Weg zum Aufstellungsort vor dem Palazzo Veccio in Florenz wurde die Statue von Anhängern der entmachteten Medici mit Steinen beworfen. Jahrzehnte später wurde sie von Aufständischen erneut schwer beschädigt.
Im 16. Jahrhundert setzte die katholische Kirche durch, dass ein Feigenblatt Davids Nacktheit verhülle. Im 19. Jahrhundert bekam Königin Victoria von England eine Gipskopie der Skulptur. Sie war über die Nacktheit der Figur so schockiert, dass auch für sie ein maßstabgetreues Feigenblatt angefertigt wurde, um die Genitalien bei jedem königlichen Besuch zu verhüllen.
Seit 25 Jahren kann man das Original der Statue nur noch von ferne betrachten, nachdem ein Wahnsinniger mit einem Hammer die Figur beschädigt hatte.
Wer David für pornografisch hält, hat weder die Bibel noch die westliche Kultur noch die Kunst der Renaissance verstanden.
Hunderte von Stunden habe ich vor dem Original der David-Statue in der Accademia von Florenz verbracht sowie vor der Kopie auf dem Platz vor dem Palazzo Veccio, natürlich nicht nur vor, sondern häufig auch hinter der Statue. Welch ein schöner Arsch!
Lange vor meinem Coming-out, als ich noch nicht einmal ahnte, ich könne schwul sein, sagte ich häufig zu mir: „Wenn der lebendig wird, werde ich schwul.“ Wie sehr irrte ich mich damals! David wurde nicht lebendig und doch wurde ich schwul. Wie kann man so viel Schönheit, Kunst, Geschichte und Politik Schulkindern vorenthalten?
Hier stehe ich, ich kann nicht anders
Jan
Webmaster
vom homo.net Team